Franz Sales Spreti zum Gedenken
Im Hintergrund seine Geburtsstadt Straubing mit der Silhouette seiner Taufkirche St. Jakob. Entlang des Moosmühlbaches zieht die Frauenbrünnlstraße zur unteren Stadtbefestigung.
1767 – 1791
Auf den Spuren der Lebesstationen in seiner Heimatstadt Straubig
Konzept, Texte und Gestaltung: Suzane von Seckendorff – Bildbearbeitung und Layout: Tomas Mader (B. A.)
Hieronymus Graf von Spreti
Abb. 1. Der Großvater des Franz Sales,
Hieronymus Graf von Spreti
Carlotta Gräfin von Spreti
Abb. 1. Carlotta Gräfin von Spreti
geb. Freiin von Ingenheim
Spreti, Seinsheim, Königsfeld, Ingenheim und Closen – verschlungene Lebenswege und Schicksale
Die Generation der Großeltern
von Franz Sales Graf von Spreti
In den Jahren zwischen 1700 und 1850 werden sich die Wege der Familien Spreti, Seinsheim, Königsfeld, Ingenheim und Closen immer wieder kreuzen, ihre Schicksale werden sich eng durch verwandtschaftliche, freundschaftliche und berufliche Beziehungen miteinander verbinden.1
Hieronymus Graf Spreti, Joseph Franz Graf Seinsheim, Johann Georg II., Graf Königsfeld und Georg Closen gehörten zum engeren Kreis um den jungen Kurfürsten Karl Albrecht und nahmen an den Festivitäten anlässlich seiner Vermählung im Jahr 1722 bei Quadrillen und Turnieren teil.
Franz Johann Hieronymus Innozenz Graf von Spreti (1695-1772), 2 kurfürstl. Kämmerer u. geheimer Rat, Generalfeldmarschall-Leutnant, Kommandeur des St. Georg-Ritter-Ordens, Leutnant der Leibgarde der Hartschiere, Pfleger zu Friedberg, stammt aus einem alten Adelsgeschlecht, das 1096 erstmalig in Ravenna urkundlich erwähnt wird. Er wurde 1695 dort geboren und 1703 zur Erziehung in die kurfürstliche bayerische Pagerie nach München geschickt. Hieronymus blieb im Dient des Kurfürsten. Im Jahr 1723 heiratete Graf Spreti Carlotta, geb. Freiin von Ingenheim. (3)
Carlotta und Hieronymus von Spreti begründeten das bayerische Haus der Familie Spreti.
Carlotta Gräfin von Spreti (1704-1749) war die Tochter des Freiherrn Daniel von Ingenheim und seiner Gemahlin Prinzessin und Landgräfin von Hessen-Rheinfels.
Carlotta wird mit 14 Jahren Hofdame der Kurfürstin. Am Hof lernte sie den Kurprinzen Karl Albrecht (später Kaiser Karl VII.) kennen. Aus der Verbindung wurde 1724 ein Sohn, Franz Ludwig, geboren. Der Vater legitimierte ihn und verlieh ihm den Titel eines Grafen von Holnstein.
Abb. 3. Franz Ludwig Graf von Holnstein im Kindesalter,
Franz Joseph Winter (zugeschrieben)
Nachbarn in München: „Graf Spreti Palais“, Palais Holstein, dann Palais Königsfeld, heute Erzbischöfliches Palais.
Für seinen Sohn mit Carlotta von Ingenheim verh. Gräfin Spreti ließ Kurfürst Albrecht das im Mai 1737 fertiggestellte Palais an der damaligen Vorderen Prangerstraße 7 errichten. Es geht auf Planungen des Rokoko-Baumeisters François Cuvilliés d. Ä. zurück. Nachdem Graf von Holnstein den Bau kaum nutzte, kam es unter Karl Albrechts Nachfolger, Kurfürst, Max III. Joseph, 1746 zum Verkauf des Anwesens an die Grafen von Königsfeld aus Alteglofsheim. So waren die Vettern und Freunde zeitweise Nachbarn in München.
Nach dem Aussterben der Königsfelder gelangte das Palais über einen Bankier in Besitz des Königreichs Bayern und wurde 1818 als künftiger Sitz für die Erzbischöfe der gemäß Konkordat von 1817 neu errichteten Diözese München und Freising bestimmt. Diese Funktion besitzt das Palais bis heute.
Einen Monat vor der Niederkunft wird die Ehe von Carlotta von Ingenheim mit Hieronymus Graf Spreti in der Schlosskapelle zu Wolnzach geschlossen. Der Ehe entstammten 14 Kinder, von denen nur drei Söhne und drei Töchter das Erwachsenenalter erreichten. Die beiden ältesten Söhne ließ das Ehepaar als Kleinkinder standesgemäß porträtieren.
Für ihre Familie kaufte Carlotta Gräfin Spreti im Jahr 1724 das Nachbargebäude, das „Graf Spreti Palais“, Kardial-Faulhaber-Straße 6 (ehemals Vordere Pranger Gasse, dann Promenadenstraße).
Carlotta Gräfin von Spreti starb 1749 in München an einer Lungenentzündung. Sie wurde am Franziskanerfriedhof begraben. Nach dem Tod Carlottas ging Hieronymus v. Spreti noch zwei weitere Ehen ein. Durch das Erbe seiner dritten Ehefrau Maria Anna Antoine von Goder gelangte Schloss Kapfing in den Besitz der Familie Spreti. Im Jahr 1772 starb Hieronymus im „Graf Spreti Palais“. Er hatte in ganz Bayern Besitztümer. Zu erwähnen wären neben dem Familienbesitz Schloss Kapfing auch Schloss Weilbach, 1738 erworben und 1751 an Michaela Freifrau von Schurf verkauft.
20 Jahre später begleite der anfangs erwähnte Kreis Kurfürst Karl Albrecht bei der Kaiserwahl nach Frankfurt. Der Kurfürst hatte seine langjährigen Vertrauten mit politischen Missionen betraut.
Johann Georg Graf von Königsfeld
Johann Georg von Königsfeld (1679-1750) war 1717-31 Vertreter Kurbayerns am Immerwährenden Reichstag in Regensburg. Bei der Kaiserwahl entsandte ihn Kurfürst Karl Albrecht nach Mainz. Sein Auftrag lautete: Falls an den Gesandten die direkte Frage gerichtet werde, ob sich sein Herr um die Kaiserkrone bewerben wolle, habe er zu antworten, dass diese Würde im Hause Wittelsbach nicht neu und von bayerischen Fürsten immer auch mit Würde getragen worden sei, …“(4)
Unter dem als Karl VII. gewählten Kaiser wurde er zum Reichsvizekanzler. Seiner bedeutenden Position entsprechend beauftragte er die besten Künstler am Münchener Hof für den Bau seiner Repräsentationssitze Schönach und Alteglofsheim. Schloss Schönach wurde 1726 an die Grafen Arco veräußert, die es 1764 an die in Sünching ansässigen Grafen von Seinsheim verkauften.
In der nachfolgenden Generation wurden die Stadtpaläste der Familie in München und Landshut bedeutsame Orte für Mitglieder der Familie Spreti, mit denen sie über die Familien Ingenheim und Closen enge verwandtschaftliche Beziehungen verband: So lebte der Bruder von Franz Sales, Cajetan Spreti, 1796 als Adjutant des Kriegsministers Reichsgraf Rumford im zweiten Stock des Palais Königsfeld in der Schwabinger Gasse 142.5 Die Eheschließung von Cajetan Spreti mit Antonie fand im Jahr 1794 in der „Dreifaltigkeitskapelle“6 des Palais Königsfeld in Landshut statt. Das ehemalige Palais Königsfeld (Neustadt 514) war bis 1790 im Besitz der Adelsfamilie Königsfeld.
Das Palais gelangte dann über seine Ehefrau Ludowika Gräfin Königsfeld in den Besitz des Georg Cajetan Graf Closen zu Gern auf Arnstorf (Taufpate des Bräutigams). Als weiterer Besitzer des Palais wird der Vater der Braut, der kgl. Kämmerer Franz Seraph Josef Baron Gugomos auf Vilsheim, genannt. Dessen Ehefrau war Maria Theresa Freifrau von Gugomos, geb. Freiin von Closen und Haidenburg.
Mit Cajetans Bruder Franz Sales ist der Name Königsfeld als Auftraggeber mit einem tragischen Ereignis verbunden – Johann Georg Graf von Königsfeld war der Geldgeber für die Errichtung der Kapelle von Frauenbrünnl (vgl. Text zur Geschichte von Frauenbrünnl).
Josef Franz Graf Seinsheim
Da seine Mutter eine geb. Gräfin zu Schönborn war, erhielt Joseph Franz Seinsheim (17071787) den Auftrag, sich an den Hof des Kurfüsten von Trier Franz Georg von Schönborn zu begeben, um ihn für die Kandidatur Bayerns zu gewinnen.7 Seinsheim bekleidete später mehrere hohe Ämter, u. a. war er Botschafter in Den Haag, Geheimer Konferenz- und Kriegsminister (1745) sowie Obersthofmeister. In seinem Münchner Palais an der Prannerstraße 7 logierte Mozart 1780 bei der Uraufführung des Idomeneo.8
In Sünching, das seit 1573 seiner Familie gehörte, legte Joseph Franz Seinsheim 1758 den Grundstein für eine achteckige Wasserschlossanlage (vgl. Text zur Geschichte Sünchings.
Ingenheim
Die beiden Brüder der Carlotta Gräfin Spreti: Karl Wilhelm Freiherr von Ingenheim (17061761), war u.a. 1745 Sondergesandter beim Kurfürsten und Erzbischof von Köln, Clemens August, Bruder des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht (Kaiser Karl VII.). Der jüngere Bruder Franz August heiratete Philippine Gräfin von Seinsheim, Cousine des Erbauers von Schloss Sünching, Joseph Franz.
Abb. 7. Joseph Franz Graf von Seinsheim, Vertrauensmann Kaisers Karls VII., unsignierter Stich
Abb. 8. François de Cuvilliés, Exlibris des Sigmund Graf von Spreti
Abb. 9. Ansicht der Stadt Straubing aus einem Bortenmacher-Handwerksbrief, um 1780
Straubing und sein Vizedom, Sigmund Graf von Spreti
Sigmund Graf Spreti: „Sigmund Graf o Spreti (1732-1809), Hofrat, Präsident des Geistlichen Rates in München, Vizepräsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1762/63 und 1793-1800, Regierungspräsident in Neuburg a. d. Donau von 1784 bis 1790; er stand aufklärerische Kreise nahe.“ So lautet der Vermerk zur Namensgebung einer Straße, mit der Sigmund Spreti 1932 in München geehrt wird.9 Dieser langen Ämterliste seines erfolgreichen Berufslebens muss eine wichtige Station hinzugefügt werden: Ab 1762 war Graf Spreti Vizedom (Regierungspräsident) in Straubing.(10)
Die Residenz Straubing
1353 kamen Wilhelm I. und Albrecht I., Söhne des Kaisers Ludwig dem Bayern, durch Teilung des väterlichen Erbes in den Besitz von Straubing u. einem Gutteil Niederbayerns sowie der Grafschaften Holland, Seeland und der Herrschaft Friesland. Straubing wurde neben Den Haag Residenzstadt des Herzogtums Bayern-Straubing-Holland. Herzog Albrecht begann 1356 mit dem Bau des neuen Schlosses. Der Bau umschloss neben der fürstlichen Hofhaltung auch die Bauten für die herzogliche bzw. kurfürstliche Regierung. Straubing war ein Handelszentrum von überregionaler Bedeutung. Die kriegerischen Auseinandersetzungen und Belagerungen des 17. u. 18. Jahrhunderts mit ihren Folgeerscheinungen trafen die Haupt- und Regierungsstadt für das „untere Niederbayern“ schwer.
Der Vizedom hatte die volle Stellvertretung des Landesfürsten im Gerichtswesen. Er war aber nicht nur erster Gerichts- sondern auch höchster Finanzbeamter. Ein Blick auf die Zeittafel zeigt die umfassenden Aufgaben Sigmund Spretis in diesem Amt: Als Vizedom trug er Verantwortung, die wirtschaftliche Not zu mildern und das Straubinger Land in einer Zeit des Umbruchs mitzugestalten.
Das Amt des Vizedoms behielt Sigmund Spreti bis 1772. Im Zeitraum 1784-1790 bekleidete er dann das Amt des Regierungspräsidenten von Neuburg. Anschließend berief ihn Kurfürst Karl Theodor 1791 erneut zum Präsident des Zensurkollegiums und 1798 zum Präsidenten des obersten bayerischen Wechsel- und Merkantilgerichts.(11)
Der Patriarch der Familie Spreti
Abb. 10. Sigmund Graf von Spreti, Vizedom Straubings (17621772)
Abb. 11. Maria Clementine Gräfin Spreti, Mutter des Franz Sales
Kurfürstinwitwe Maria Leopoldine hatte längere Zeit erwogen, Sigmund Spreti zum Ehemann zu wählen. Die Verbindung kam nicht zustande, weil sich Spreti zurückzog.12 Er und die Kurfürstinwitwe begegneten sich weiterhin gesellschaftlich. Sigmund Spreti vermählte sich 1758 mit Maria Clementine, geb. Freiin von Schurf, gen. Thann (1739-1802). Sie war seine erste Ehefrau.(13 )
Gräfin Spreti war Teilerbin von Schloss Weilbach. Durch Auszahlung des Erbteils an seine Schwägerinnen konnte Sigmund Schloss Weilbach wieder ganz in den Besitz der Familie Spreti bringen. Aus der Ehe gingen 16 Kinder hervor.
Die Geburt von Franz Sales im Jahr 1767 fiel in Sigmund Spretis Amtszeit als Vizedom von Straubing. Dort wurde ein Teil seiner großen Familie geboren, so auch der Sohn Cajetan (1770) und die Tochter Maria Antonia (1768). Unter seinen Söhnen (Franz Sales, dann Cajetan und Sigmund II.) bildeten sich die Linien Kapfing und Weilbach.
Sigmund Spreti verkaufte das „Graf Spreti Palais“ in München nach seier Rückkehr aus Neuburg und erwarb ein Haus aus dem Besitz des Carmeliten Klosters zu Straubing in der Prannerstrasse 13 (heute Prannerstrasse 15). Die Wohnung lag ganz nahe dem Palais Seinsheim, Prannerstrasse 7, welches Joseph Franz Graf Seinsheim gehörte. Die freundschaftlichen u. verwandtschaftlichen Verbindungen mit der Familie seines Nachbarn wurden bereits geschildert. Sigmund Spreti verband auch Berufliches mit mehreren Familienmitgliedern: Joseph Franz Graf Seinsheim leitete lange die Bayerische Akademie der Wissenschaften, deren Gründungsmitglied und langjähriger Vizepräsident sowie Klassen-Sekretär Sigmund Spreti war. Die Nachbarn und engagierten Akademiemitglieder dürften sich oft besucht haben, um über Angelegenheiten der Institution zu sprechen. Der Vater Maximilian Franz Graf Seinsheim zu Sünching war (1708-1724) ein Vorgänger von Sigmund Spreti im Amt des Vizedoms von Straubing gewesen.
Abb. 12. Hinter dem neugebauten Maxtor, rechts im Schatten, das Haus des Sigmund Spreti in der Prannerstraße
Sigmunds Enkel, Friedrich Graf Spreti, gibt einen kleinen Einblick in die letzten Lebensjahre des Familienpatriarchen: „als meine Eltern im Jahre 1801 eine Reise nach Baden bey Wien unternahmen, … wo mein Vater in Folge eines Beinbruches das Bad gebrauchte, wurden ich und meine ältere Schwester in dem Hause meines Großvaters dem in die Ruhe versetzten Präsidenten Grafen Sigmund von Spreti, der gleichfalls in München lebte, aufgenommen“.(14 )
Sigmund Spreti starb 1809. Er wurde an der Seite seiner Gattin auf dem Südlichen Friedhof in München bestattet. Die Gebeine wurden später nach Weilbach überführt.
Abb. 13. Straubing zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Michael Wening
Zeittafel zur Geschichte Straubings sowie Familie Spreti und Straubing
13. Jh. bis-1802 Regierungssitz für das Viztums- bzw. Rentamt Straubing
1218 Gründung der Neustadt
1353-1425 Selbstständiges Wittelsbacher Herzogtum Bayern-Straubing-Holland
1425 Abrecht III. verwaltet das an Bayern-München gefallene Straubinger Land
Nach 1400 Baubeginn der spätgotischen Hallenkirche St. Jakob
1506 Errichtung des ‘Rentamtes und „‘Regierungsbezirkes“ Straubing
1633-1634 Schwedische Besatzung im Dreißigjährigen Krieg
1743-1745 Österreichische Besatzung im Österreichischen Erbfolgekrieg
1762 Sigmund Graf von Spreti übernimmt das Amt des Vizedoms von Straubing
1767, 13. Mai, Geburt des Franz Sales Spreti
1767, 14. Mai, Taufe des Franz Sales Spreti in St. Jakob
1770, 13. September, Geburt Cajetan Spretis
1770, 13. September, Taufe des Cajetan Sales Spreti in St. Jakob
1772 Sigmund Graf Spreti übergibt das Amt des Vizedoms von Straubing an Josef Georg Freiherr v. Weichs
1777 Tod des bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph (1745-1777)
1777-1799 Karl Theodor von der Pfalz regiert als Kurfürst von Pfalz–Bayern
1778 Karl Theodor verlegt seine Residenz von Mannheim nach München
1778-1779 Österreichische Besatzung im Bayerischen Erbfolgekrieg
1780 Großer Stadtbrand
1784-1790 Sigmund Graf von Spreti übernimmt das Amt des Regierungspräsidenten von Neuburg a. d. Donau
1789, 14. Juli Ausbruch der Französischen Revolution mit dem Sturm auf die Bastille
1790, 17. Juli Anstellung des Franz Sales Spreti als Regierungsrat in Straubing
1791, 03. Januar Verleihung des Kammerherrn-Titels an Franz Sales
1791, 24. Januar Selbstmord des Franz Sales Spreti
1792, 21. September Frankreich wird zur Republik erklärt
1799 Maximilian IV. Joseph aus der Linie Pfalz-Zweibrücken wird Nachfolger Karl Theodors
1802 Auflösung des Rentamtes und Errichtung eines Hofgerichtes Straubing
Franz Sales Graf von Spreti und seine Heimatstadt Straubing
Sigmund Graf von Spreti hatte lange auf einen männlichen Nachkommen warten müssen. Zwei Söhne waren ihm von seiner Ehefrau Clementine zwischen 1760 und 1764 geboren worden und bereits im Kindesalter gestorben. 1767 wurde in Straubing dann der Stammhalter geboren. Den ersehnten Sohn ließ Vizedom Graf Spreti in der Stiftskirche St. Jakob vom Stiftsdekan Ludwig Maria Graf v. Nys auf den Namen Franz Sales taufen.
Den großen Hoffnungen, die der Vater in ihn setzte, bereitete Franz Sales durch eigene Hand am 24. Januar 1791 ein Ende. Zu den Motiven seines Handelns hinterließ er keine eindeutigen Begründungen. Umso mehr beschäftigten etliche Spekulationen über die Tat damals die Öffentlichkeit (16).
Sein Neffe Friedrich Spreti, der spätere Erbe von Schloss Kapfing, hielt die Lebensdaten seines Onkels Franz Sales Spreti in der Familienchronik fest: Der Onkel Sales Spreti war am 13 ten. Mai 1767 in Straubing geboren und starb daselbst am 24 ten. Jänner 1791 also in seinem 24 ten. Jahre. Er hatte sich am 14 ten. Oktober 1790 mit Susan Gräfin von Jenison Freyin von Wallwoctte [Walworth] vermählt, wenigstens trägt der Heyraths Contrakt dieses Datum. Er war sonach nur 3 Monate verheyrathet“
Abb. 15. Ansicht der Stadt Straubing zur Zeit der Geburt des Franz Sales, Stich um 1770
Die Heimatstadt Straubing
In seiner Heimatstadt Straubing verfolgen wir die Spuren seines kurzen Lebensweges und gewinnen einen kleinen Einblick in das Umfeld eines begabten jungen Mannes im Zeitalter der französischen Revolution.
Geburtshaus – das Haus der Kinderjahre
Das neue Schloss umschloss neben der fürstlichen Hofhaltung auch die Bauten für die herzogliche bzw. kurfürstliche Regierung. 1635 wird auch die Wohnung des Vizedoms im „neuen Gebäu“ erwähnt. Im Jahr 1755 wurde das fürstliche Schloss größtenteils zur Kaserne umgewandelt. 1788 verblieben innerhalb des Schlosskomplexes zwar auch Teile der kurfürstlichen Regierung (jetzt Rentenamt), unerwähnt bleibt aber, wo sich dann der private Wohnungsbereich des Vizedoms befand. (18)
Abb.16. Das Viztumhaus an der Südseite des Theresienplatzes. Im Haus mit dem Treppengiebel verbrachte Franz Sales seine Kindheit
Kindheit im Vitztumhaus
An der Südseite des Theresienplatzes hinter dem barocken St. Tiburtius-Brunnen liegt das Palais mit dem Treppengiebel, auch Vizedominus-Haus“ 19 geat. Hier i „Vitztuhaus“ am Theresienplatz 11, war Sigmund Spreti während seiner Amtszeit untergebracht.20 Ob die Wiege des Franz Sales und seiner in Straubing geborenen Geschwister hier oder in Räumen des Schlosses stand, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit ermitteln.
Mit Gewissheit können wir aber sagen, dass Franz Sales in diesem Palais am Theresienplatz Ecke Aprilgasse, mit Blick auf Stadtturm und die 1709 aufgestellte Dreifalltigkeitssäule bis 1772 seine Kindheit verbrachte.
Die Bleibe der letzten Lebensmonate
Nach seiner Vermählung und Anstellung als Regierungsrat in Straubing 1790 bewohnte Franz Sales mit seiner Ehefrau „den ganzen oberen Stock“ im Haus der Tante Walburga Pelkoven. Die Schwester seiner Mutter Clementine war mit dem Regierungsrat Johann Nepomuk Freiherr von Pelkoven sen. verheiratet. Sigmund hatte die Wohnung von seinem Schwager für einen jährlichen Zins von 80 Gulden für das junge Ehepaar Spreti gemietet. Die frühere Hausnummer 140 ist, nach einigen Hausnummernänderungen, gleichzusetzen mit der heutigen Hausnummer „Ludwigsplatz 10.“21 Das Haus existiert in etwas veränderter Form noch heute.
In unmittelbarer Nähe der „Freiherrl. von Pellkofischen Behausung“ befindet sich die Löwenapotheke, wo der Apotheker und spätere Maler Carl Spitzweg (1808 – 1885) von 1828 bis 1830 als Provisor wirkte. Bis 1916 lagerten auf den Dachboden des Hauses noch Tagebücher mit Zeichnungen, die Spitzweg beim Beobachten des regen Straubinger Stadtlebens am Pult in der Apotheke anfertigte.22
Abb. 17. Die ehemalige „Freiherrl. von Pellkofische Behausung“ am Ludwigplatz 10 im Jahr 2015
Freunde des letzten Lebensabschnitts
Der Sohn aus der ersten Ehe des Onkels Johann Nepomuk v. Pelkoven sen., Johann Nepomuk v. Pelkoven jun. stand Franz Sales besonders nah. Johann Nepomuk Freiherr v. Pelkoven jun. (geb. 1763 in Straubing) war der Sohn der Maria Anna Freiin von Boslarn.
Abb. 18. Johann Nepomuk Freiherr von Pelkoven. jun., Lithografie v. Franz Hanftaengl
Pelkoven hatte in Ingolstadt Jura studiert und war zwei Jahre vor Sales in Straubing ebenfalls als Regierungsrat angestellt worden, nachdem ihm der Eintritt in den Staatsdienst 1785 noch wegen des Verdachts auf Zugehörigkeit zum Illuminatenorden verwehrt worden war.23 Seine Tagebücher sind die einzigen Zeugnisse über die letzten Stunden seines Freundes und Nachbarn.24 Der Kenner der Illuminatenszene in Straubing stellt darin auch Überlegungen zu einem der oft vermuteten Motive für die Tat Spretis, seine vermeintliche Zugehörigkeit zum Illuminatenorden, an. Gegen diese Theorie liefert Pelkoven schlüssige Argumente.
Pelkoven jun. – Freund und Schwager
Pelkoven jun. war in erster Ehe mit Therese Freiin von Gehböck verheiratet und seit 1799 verwitwet. Er warb nun um Hyazinthe Spreti (1777-1868), die jüngere Schwester v. Franz Sales. Nach dessen Tod hatte Cajetan Spreti die Verantwortung für die Geschwister übernommen und vermittelte jetzt bei den Brautverhandlungen. Die Hochzeitspläne drohten oft am Widerstand des Vaters Sigmund zu scheitern, denn Pelkoven war nicht vermögend und hatte vier Kinder aus erster Ehe zu versorgen.
Eine innige Freundschaft sollte Pelkoven und Cajetan lebenslänglich verbinden. In der Folge einige Stellen aus dem von Herzlichkeit geprägten Briefwechsel während der Verhandlungen:
Pelkoven: Straubing, den 2. Okt. 1801, … Am Montag habe ich bei Yrsch soupiert. Die ganze Zeit war Hyazinthe der Gegenstand der Unterhaltung.
Abb. 19. Hyazinthe Gräfin von Spreti, verh. Freifrau von Pelkoven
Cajetan an Pelkoven: München, 28. Juli 1801: Nach Donner kommt Blitz und Sonnenschein. Sey indessen von mir versichert, daß ich mir kein größeres Vergnügen wünsche, als dich bald als mein Schwager umarmen zu können.
Cajetan an Pelkoven: München, 15. August 1801: Dein Brief vom 10. dies machte mir ein unaussprechliches Vergnügen, kaum erhielt ich ihn, lief ich spornstreichs zu meinen Eltern und benahm ihnen durch die Erklärungen deines rechtschaffenen Vaters noch alle Bedenklichkeite, … Dei zuküftiger Shwager, Sprety
Das Engagement Cajetans für das Eheglück der Schwester und des Wunsch-Schwagers war nach langen Unterhandlungen schließlich von Erfolg gekrönt und so schreibt Pelkoven am 18. Oktober 1801 aus Straubing: … Also der No. bleibt unwiderruflich der Tag meines Glückes! Am dem Tag fand in München die Vermählung des Ehepaares statt. Der Ehe entsprangen neun Kinder.
1802 schied Freiherr v. Pelkoven wieder aus dem Staatsdienst aus und widmete sich der Bewirtschaftung seiner geerbten Güter Teising und Wildthurn. Hier konnten seine Neffen und Nichten Spreti glückliche Kindheitstage inmitten der Wirren der Napoleonischen Kriege verbringen.25
1818 erfolgte seine Wiedereinstellung in den Staatsdienst als Kreisschulrat in Passau. In diesem Jahr wurde er auch Abgeordneter in der Ständeversammlung. 1825 wurde Pelkoven in den Ruhestand versetzt, verkaufte seinen Besitz in Wildthurn und zog in sein kleineres Landgut Teising.26 Freiherr von Pelkoven starb 1830, seine Ehefrau überlebte ihn um 38 Jahre.
Straubinger Zeitgenossen des Franz Sales
Sprecher: „Mich bangt es um den Jüngling – Er ist Prinz!“, Sarastro: „Noch mehr! Er ist Mensch!“(27)
Die aufklärerischen Gedanken der Französischen Revolution – „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ – beschäftigten viele weitere Straubinger und Zeitgenossen des Franz Sales. Seine Geburtsstadt Straubing galt als eine Hochburg der Illuminaten. Ein Bekannter aus seiner Kindheit sollte indirekt in Zusammenhang mit dem Thema Freimaurertum später Weltruhm erlangen: Der Librettist der Oper „die Zauberflöte“ Uraufführug im Jahr 9 In Wien) war der gebürtige Straubinger Johann Joseph Schikaneder (1751 Straubing – 1812), Sohn des Stadtpfarrdieners seiner Taufkirche St. Jakob. Wie Wolfgang Amadeus Mozart war auch Schikaneder (der sich später in Emanuel Schikaneder unbenannte) Freimaurer (Mitglied der Regensburger Freimaurerloge „Carl zu de drei Schlüsseln“.28 Ein Onkel von Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Mozart, war Anfang des 18. Jahrhunderts in Straubing als Bildhauer tätig.
Abb
Abb. 20. Schloss Kapfing, Ansicht von Südwesten, Aquarell, 1824
1786 – Herr auf Kapfing
Antonie Gräfin von Spreti, war die letzte Freiin von Goder auf Kriestorf, Kapfing und Forst. 1759 heiratete Antonie den zweimal verwitweten 64 Jahre alten Hieronymus Spreti. Sie starb 1786 in Landshut. In Ihrem Testament vermachte sie Kapfing ihrem Stiefenkel Franz Sales. Nach dessen Tod ging Kapfing an den jüngeren Bruder Cajetan.
Die große Liebe und spätere Ehefrau
Während seines Studiums an der Universität Heidelberg begegnete Franz Sales seiner großen Liebe Susan Jenison-Walworth, deren Vater aus England nach Heidelberg emigriert war, wo er eine Anstellung am Hofe Karl Theodors fand. Im Sommer 1788 begann eine Liebesbeziehung zwischen den beiden jungen Menschen, die von beiden Familien nicht gebilligt wurde. Von Seiten der Familie Spreti könnte dies zwei Gründe gehabt haben: Der Bruder der Auserwählten unterhielt eine skandalträchtige Beziehung mit der Landgräfin Luise Henriette von Hessen-Darmstadt. Es konnte auch daran gelegen haben, dass beide Familien bereits andere Hochzeitspläne für ihre Kinder geschmiedet hatten. Trotz aller Widerstände schloss Franz Sales Spreti am 14. Oktober 1790 in Heidelberg den Ehevertrag mit Susan JenisonWalworth. Die kirchliche Trauung fand am 16. Oktober 1790 statt.
Die Verbindung wird seine Erwartungen auf Glück nicht erfüllen können. Drei Monate nach der Hochzeit und ein halbes Jahr nach Antritt seines Dienstes in Straubing setzte er am Morgen des 24.Januars 1791 in der Wallfahrtskirche „Unserer Lieben Frau“ zu Frauenbrünnl“ seinem Leben ein Ende.
Erklärungsversuche und Vermutungen sind damals von vielen Seiten angestellt worden, nicht Wenige sahen in der Ehefrau die Schuldige für die Tragödie. Die Anweisungen, die der Ehemann in seinem Testament hinterließ, bestätige die damals gängige Lesart „cherhez la femme“ nicht. Seinen Schwager und Testamentsvollstrecker Alexander Graf von Westerholt beauftragte er, „sich um seine einzig und ewig geliebte Suky“ zu kümmern und die Witwe in Schutz zu nehmen.(29)
Der Testamentsvollstrecker – Alexander Graf von Westerholt
Abb. 21. Alexander III. Ferdinand Graf von Westerholt, Ölporträt, um 1780/85
Alexander III. Ferdinand Graf von Westerholt (1763-1827) war verheiratet mit Susans Schwester Winnfriede. Er stand im Dienst der Fürstlichen Thurn und Taxis´schen Verwaltung, wo er die Position eines Dirigierenden Geheimrats erreichte.30 Ebenso wie der junge Sales empfand Graf von Westerholt trotz seiner aristokratischen Herkunft eine tiefe Abneigung gegen die Usancen des höfischen Adels. Sales ernannte den Freund u. Schwager zu seinem Testamentsvollstrecker.
An ihn richtete Franz Sales im Abschiedsbrief auch eine Bitte: „Meinem besten Schwager Grafen von Westerholt“
„Ich verlasse diese Welt, mein Schicksal bringt es so mit sich. Sorgen Sie für meine beste, ewig geliebte Gattin. Fluchen Sie mir nicht; auch die Aeltern meiner Suky sollen mir nicht fluchen.
Friedhofsalage St. Peter mit ehem. Pfarrkirche St. Peter in Straubing
„Dem Besucher Straubings bleibt nichts so nachhaltig im Gedächtnis, sowie Stimmungswerte in Frage kommen, als der Friedhof bei St. Peter. Derselbe schließt sich mit der ehrwürdigen Peterskirche und der weiteren innerhalb des Beringes stehenden Kappelenbauten zu einer so wirkungsvollen Gruppe zusammen, wie sie selten zu finden ist“31
Die ehemalige Pfarrkirche St. Peter
Im Zentrum der in 800 Jahren zusammengewachsenen Anlage steht die dreischiffige Pfeilerbasilika aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts. Das Augsburger Domkapitel, dem damals Straubing gehörte, ließ den Quaderbau in beherrschender Position am Donauufer errichten. Die geplante Zweiturmfassade von St. Peter kam nicht mehr vollständig zur Ausführung. Die Wittelsbacher Herzöge gründeten ab 1218 die Neustadt von Straubing, in der ab 1400 die spätgotische Hallenkirche St. Jakob errichtet wurde. Im Jahr 1492 erfolgte die Verlegung der Pfarrei in die Neustadt 32, für die Bewohner der Straubinger Altstadt blieb St. Peter bis 1879 jedoch der wichtigste Bestattungsort, denn St. Jakob hatte keinen eigenen Friedhof.
In den folgenden Jahrhunderten erfuhr die Kirche St. Peter kontinuierlich zeitgemäße Umgestaltungen: zwischen 1662 und 1695 wurde der Innenraum barockisiert, im Zuge der Mittelalterbegeisterung des 19. Jh. wurde der Innenraum der Kirche dann in neogotischem Stil ausgestattet, der Außenbau 1887 nach dem Vorbild von Speyer „reromanisiert“. I Folge der Purifikationswelle den 50er und 60er Jahre des 20. Jh. fiel auch das Innere einer Reromanisierung anheim. Nach der letzten Renovierung 1974 sowie der Entfernung der Umformungen des 17. und des 19. Jh. sowie großer Teile der mittelalterlichen Ausstattung (z.B. aufgestellte Grabplatten in den Seitenschiffwänden) präsentiert sich die Kirche heute als Idee des Mittelalters in der Vorstellung der Nachkriegszeit.
Die Bernauerkapelle
Herzog Albrecht III. von Bayern-München (reg. 1438-1460) verwaltete das 1425 an BayernMünchen gefallene Straubinger Land. Albrecht geriet durch seine nicht standesgemäße Verbindung mit Agnes Bernauer (um 1410-1435) in
Abb. 23. Grabmal der Agnes Bernauer, vor der inneren Südwand der Bernauerkapelle aufgestellt. Rotmarmor, nach 1435
Abb. 22. St. Peter, Straubing, Stich nach Jobst Riegel, ca. 1860. Die Grabplatte von Franz Sales befindet sich an der Außenwand des Gebäudes ganz links auf dem Bild
Konflikt mit seinem Vater, dem regierenden Herzog Ernst (reg. 1397-1438). Der Konflikt verschärfte sich, als er die Bernauerin im Schloss als Herzogin installierte. Auf Befehl Herzog Ernsts wurde sie am 12. Oktober 1435 in der Donau ertränkt. Nach kurzer Auseinandersetzung versöhnten sich Vater und Sohn im Frühsommer 1436. Herzog Ernst stiftete zum Gedenken an Agnes 1436 die Bernauer-Kapelle auf dem Friedhof St. Peter. Dort befindet sich auch ihr Epitaph aus Rotmarmor, der Grabstein wurde 1785 mit Genehmigung des Kurfürsten Karl Theodor an der Wand der Kapelle angebracht, um ihn vor weiterer Beschädigung „durch verwüstende Menschentritte“ zu schützen. Das Grab selbst konnte bei der Umbettung des Decksteins nicht gefunden werden. Es wird angenommen, dass Albrecht eine heimliche Transferierung Ihres Leichnams in die Nikolauskapelle der Karmelitenkirche veranlasste. 33
Abb. 22. St. Peter, Straubing, Stich nach Jobst Riegel, ca. 1860. Die Grabplatte von Franz Sales befindet sich an der Außenwand des Gebäudes ganz links auf dem Bild
Abb. 23. Grabmal der Agnes Bernauer, vor der inneren Südwand der Bernauerkapelle aufgestellt. Rotmarmor, nach 1435
Abb. 24. Bernauer- und Frauenkapelle im 19. Jahrhundert. Ansicht von Westen. Stahlstich von Carl Mayer
Totentanz- oder Seelenkapelle
Die Einstellung der von barocker Religiosität geprägten Menschen zum Tod lässt sich im Totentanzzyklus des Straubinger Malers Felix Hölzl in der Seelenkapelle erfahren. Er wurde 33 Schmidt, Isolde, Ein vergessenes Stück Straubing? Der Straubinger Petersfriedhof und seine Grabdenkmäler, Straubing, 1991, S. 17
1763, während der Amtszeit Sigmund Spretis als Vizedom geschaffen.
Der Zyklus zeigt eine Folge von einzelnen Bildern, auf denen der personifizierte Tod mit vor kurzem Verstorbenen oder gerade noch Lebenden, zu sehen ist. In meist vierzeiligen Textstrophen eines unbekannten Autors werden der Tod und der sich beklagende Sterbende unter den Bildern in Monologen und Dialogen in Szene gesetzt. Nicht selten schwingt Ironie in den Bemerkungen des Todes mit, es wird menschliche Überschätzung bloßgestellt und es ist immer unverkennbar, dass es gegen den Knochenmann keine Chance gibt. So ergeht es z. B. dem Arzt, der seine Schutzpatrone anruft und auf seine angeblichen Berufserfolge hinweist:
Jetzt Hypocrat, Galen Apollo jetzt steht mir bey/
Der Tod nun mir selbst troht, deme ich so offt besiegt
Ruef was du ruefen kannst umbsonst ist dein geschrey
du muest mit mir dorthin wo mancher durch dich liegt.
Bei Beerdigungen musste der Leichenzug an diesen Totentanz-Bildern mit dem „memento mori“, der die Begrenztheit des menschlichen Lebens betonte und zu einem gottgefälligen Leben ermahnte, vorbeiziehen.
Geränderte Geisteshaltung gegenüber dem Tod
Abb. 25. Grabdenkmal für Sigmund von Pellet
In der Aufklärung verändert sich die Geisteshaltung gegenüber dem Tod und der Selbsttötung. Dies findet seinen Niederschlag nicht nur in der Literatur in Goethes Werther, sondern auch in der Bildsprache der Grabdenkmäler. Im Gegensatz zum skelettierten Sensenmann der Barockzeit, der in den Totentanzfresken unnachgiebig das Leben einfordert, wird der Tod in Darstellungen des frühen 19. Jahrhunderts auch durch Thanatos, den Bruder des Schlafes personifiziert. Dieser erscheint als lieblicher Genius wie in der mythologisch-poetischen Reliefdarstellung des Grabdenkmals für Sigmund von Pellet (gest. 1806) – Schiffssüdwand der Kirche St. Peter.34
Ölbergkapelle
Die zum Friedhof geöffnete barocke Ölberghalle besteht aus vier Jochen: Im südlichen Joch ist ein barocker Ölberg mit einer bemalten Figurengruppe aus Stein, dargestellt.35 Im nördlichen Teil der Halle, der als Aufbewahrungsort für das Heilige Grab diente, findet sich heute ein Teil der aus der Kirche entfernten Grabplatten.
„Zwei Tage ah der Tat A 26 Jä: Heutt wurde der arme unglück[liche] Sprety in einem Lehenwagen nach St. Peter geführt und nicht weit vom Oelberg vom Kaplan zu St. Peter egrae.“36
Die Gedenktafel für Franz Sales
Unweit der Grabstätte, an der Wand der Ölbergkapelle, wurde die Gedenktafel für Franz Sales angebracht. Deren Inschrift lautet: Salesius S.R.I. Com. De Spretj a. Kapfing Smi. Elect. Bav. Palat. Camerarius Postquam ingenio et industria et Candore morum tum in Scolis patriis tum exteris au superavit plurimus , aequavit omnes et modo Solatia parentum Spes Patriae implere Coepit Consiliarii Regim. Straub. Munus immatura suscipiens Sorte vitae taedia hic deposuit, 24. Jan. ao 1791.37
Die Übersetzung:“Salesius, des Heilige Röischen Reichs Graf von Spreti zu Kapfing, Kämmerer des durchlauchtigsten Kurfürsten von Bayern und der Pfalz. Nachdem er an Geist und Fleiß und im Glanz der Sitten sowohl an heimischen, wie an auswärtigen Schulen die meisten übertroffen hatte, erreichte alles und begann bald zum Trost der Eltern, die Hoffnung des Vaterlands zu erfülle …“ In verschlüsselter Form gibt die letzte Zeile einen Hinweis auf den Suizid: „… während er, noch nicht erwachsen, das Amt des Regierungsrats in Straubing übernommen hatte, legte er, vom frühzeitigen Schicksal ereilt, den Überdruss gegenüber dem Leben hier ab.“38
Eine Vorstellung der letzten Ruhestätte des Franz Sales aus der Zeit seiner dortigen Bestattung vermittelt Chronist Meidinger mit einer Beschreibung des Ortes aus dem Jahr 1787: „Er Ist gewis einer der schönsten und herrlichsten im Lande, auf einer angenehmen offenen Höhe, nächst der Donau, mit ungemeiner hohen Mauer umgeben“. 39
Abb. 27. Der Eingang zum Friedhof St. Peter mit barockem Portal, Aufnahme um 1920
Abb. 28. „Unserer Lieben Frau“ zu Frauenbrünnl bei Straubing
Wallfahrtskirche „Unserer Lieben Frau“ zu Frauenbrünnl
Nach der Legende zur Sossauer Marienwallfahrt (40), die auf der Übertragung des heiligen Hauses von Nazareth über Fiume nach Loretto im Jahr 1295 beruht, soll das Haus bei seiner Übertragung von Antenring nach Sossau in Frauenbrünnl von den Engeln zur Rast kurz abgesetzt worden sein, bevor es über die Donau geschifft wurde. Darauf sei an dieser Stelle die jetzt noch sprudelnde Heilquelle entsprungen. Auszug aus de Aufzeichnungen Pelkoes: „Er saß an der linken Seite der Kapelle unten am Bründl auf der Erde, als wenn er erst nach dem Schuß zusammen gesunken wäre“ (41) … „Eine Quelle sprudelt noch klar und kühl jenseits des Fahrwegs in einer Röhre (Deiche) welche häufig Fieberkranke und Presthafte (gebrechlich, kränklich) besuchen, und das Wasser soll heilende Kraft geben denen die die Mutter des Herr gläubig verehren“ (42)
Die heutige Kirche, seit 1928 Nebenkirche der Stadtpfarrei St. Jakob, entstand ab 1705 an Stelle einer älteren Fachwerkkapelle von 1630. Der Straubinger Landrichter Johann Joseph Franz Graf von Ahamb wollte die Kapelle anfangs erweitern, entschloss sich dann aber zu einem Neubau. Die Kapelle gehörte damals zur Pfarrei Alburg. Durch die Ablösung des Grafen von Ahamb im Jahre 1703 kam es zu einer Verzögerung des Baubeginns bis zum Juli 1705. In diesem Jahr erhielt der Straubinger Kürschnersohn Johann Georg Millner von Kaiser Joseph I. die Erlaubnis, ein Eremitorium an die Kirche anzufügen und zu bewohnen. Zusammen mit dem Pfarrvikar Joseph Anton Griesmüller, später Propst des Augustinerchorherrenstifts St. Nikola in Passau, sammelte er für den Kirchenbau. Der kgl.-bayer. Kämmerer Johann Georg Joseph Graf von Königsfeld war der Hauptgeldgeber des Projekts.
Graf von Königsfeld hatte zum Bau seiner Residenz Schloss Schönach (1702 bis 1705) den Architekten Giovanni Antonio Viscardi und den Freskomaler Georg Asam herangezogen. Aus diesem Grunde wurde als entwerfender Architekt wiederholt Viscardi genannt, was aber archivarisch nicht belegt ist.
Den Grundriss des Zentralbaus mit drei Konchen nahm man auch zum Anlass, den Entwurf der in Nordbayern tätigen Architektenfamilie der Dientzenhofer zuzuordnen, von der Wolfgang Dientzenhofer 1700 für die Karmelitenkirche in Straubing Pläne lieferte. 1706 waren die Maurerarbeiten und 1707 der Ausbau mit der Ausmalung beendet. Geweiht wurde die Kirche am 20. Oktober 1707 durch Weihbischof Wartenberg.
Der Altar mit dem Gnadenbild der Muttergottes und die Fresken der Ausmalung, die auf das Gnadenbild Bezug nehmen, bildeten die Umgebung, die Franz Sales vermutlich bewusst auswählte, um Trost und Vergebung zu suchen und Mut zu schöpfen beim Verfassen der Abschiedsbriefe an seine Liebsten an diesem 24. Januar des Jahres 1791. Cousin Pelkoven berichtete, dass in der Kapelle eine Stelle gefunden sei, an welcher Staub weggewischt gewesen sei, weshalb man annehme, dass er die Briefe dort unmittelbar vor seinem Suizid verfasst habe.(43 )
Seitlich begleitet wird das Gnadenbild am Altar von den Figuren der Eltern Joachim und Anna Selbdritt. Über dem Gebälk, das von gewundenen Säulen, Pfeilern und Engelhermen getragen wird, thront die Hl. Dreifaltigkeit in einer Strahlenglorie.
I Dekeild der Kuppel ird Maria als „‘egina Angelorum“, als Königin der Engel bejubelt. Über der Orgelempore schweben singende und musizierende Engel. Das Programm der Ausmalung im durchgehenden Freskoband der unteren Ringkuppel – Maria wird als „Regina Sanctorum omnium“ von den Gestalten der Heiligen umgeben- bezieht sich auf das im Hochaltar stehende Gnadenbild.
Die Mitwirkung des 21 -jährigen Cosmas Damian Asam
Die Ausführung der Fresken wurde allein dem Vater der Gebrüder Asam, Georg Asam, zugeordnet. Die 1985 durchgeführten Restaurierungsarbeiten brachten aber überraschende Entdeckungen zur Zuschreibung: Architekturmalereien im Tambourbereich waren bei der früheren Renovierung 1903 übertüncht worden. Sie wurden jetzt gereinigt bzw. freigelegt und es kamen Fresken von erstaunlicher Frische und Qualität zu Tage. Bei genauer Betrachtung des Kuppelfreskos wurde nun deutlich, dass hier zwei Meister tätig waren. Neben noch barocken, in allen Details durchgezeichneten Engelsköpfen, entdeckte man mit wenigen Pinselstrichen meisterhaft hingeworfene Putti, die im Malduktus auf die Mitwirkung des 21 -jährigen Cosmas Damian Asam hinweisen könnten.(44)
Seine frühe Mitarbeit als Gehilfe des Vaters Georg ließ sich eindeutig bei zwei Bauten des Geldgebers von Frauenbrünnl belegen: in Schönach (des Mahlers zu Schönach Sohn Cosmas Asam gegeben 7fl.“, 29.11.1704 und bei der Ausmalung der sala terrena im Königsfeld-Shloss Alteglofshei „Da fir desen Jung oder Soh a part oh kr.“, … (45)
Bekräftigt wird die Vermutung der Mitarbeit des jungen Cosmas Asam durch einen Eintrag in den Kirchenrechnungen von St. Jakob in Straubing: „H. Cosma Damian Asam Kunstmallern von dem ganzen Werkh des frontispiciauszug und Figur in Fresco zu verfertigen.“. Die Rechnung für eine Krippenanlage für die St. Jakobskirche belegt seine Anwesenheit in Straubing im Jahr 1707, als der Vater die Fresken in Frauenbrünnl schuf.(46)
Nach Abschluss der aufwendigen Renovierung (47) fand am 15. April 1989 zur Eröffnung ein feierlicher Pontifikalgottesdienst mit dem Regensburger Weihbischof Wilhelm Schraml statt.(48)
Abb. 29. Johann Georg Joseph Graf von Königsfeld. Förderer Asams und Hauptgeldgeber von Frauenbrünnl., Kupferstich v. C. H Müller, nach Franz Lippoldt
Schloss Sünching – Stammshloss der Grafen Seinsheim und der Freiherren von Hoenning O’Carroll
1573 kaufte Georg Ludwig d. Ä. Freiherr von Seinsheim die Hofmark. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde das Schloss als Pestkrankenhaus benutzt und dann niedergebrannt. 1668 ließ Christian Freiherr von Seinsheim der J. auf dem alten Burgplatz einen halbrunden Wohnbau errichten. Joseph Franz Graf von Seinsheim (49) legte 1758 an der Nordwestecke dieses Gebäudes den Grundstein für eine achteckige Wasserschlossanlage.
Abb. 30. Der Bauherr von Schloss Sünching, Joseph Franz von Seinsheim
Graf Seinsheim bekleidete am kurfürstlichen Hof zu München die Ämter eines Oberstallmeisters und Konferenzministers.50 Von ihm berichtet der österreichische Gesandte Baron Widemann ah Wien: „Ist der einzige, de der Kurfürst in Geschäften anhören mag, die übrigen aus Zaghaftigkeit, Unzufriedenheit und Üerdrüssigkeit alles liege lasse.“ Seie Stellung am Hof ermöglichte ihm, die besten Künstler für die Ausstattung des Schlosses zu verpflichten: Die Pläne gehen auf den Baumeister François de Cuvilliés d. Ä. zurück. Der kurfürstliche Baudirektor lieferte auch die Risse und Modelle des Innenausbaus, der von ebenso renommierten Künstlern wie dem Bildhauer Ignaz Günther und dem Stukkator Franz Xaver Feichtmayer ausgeführt wurde. Die Deckenfresken des Festsaals und der Kapelle stammen von Freskomaler Matthäus Günther, das Dekenfresko im Haupttreppenhaus gestaltete Johann Nepomuk Schöpf.(51)
Das Stammschloss der Familie in Sünching war meistens nur während der Jagdsaison bewohnt, da der Hausherr wegen seiner Ämter überwiegend in seinem Münchner Palais weilte. Der ausschlaggebende Anlass für den Umbau mit der glanzvollen Ausstattung dürfte die Ernennung seines Bruders Adam Friedrich von Seinsheim (1708-1779) zum Bischof von Würzburg im Jahre 175552 gewesen sein. Beide Geschwister standen sich sehr nah, wie der teilweise erhaltene Briefwechsel belegt.(53)
Dem Fürstbischof von Würzburg und Bamberg stand ein Appartement in Schloss Sünching zur Verfügung. Für das ranghöchste Mitglied der Familie waren die Räume in der Beletage reserviert, eingebunden in die Raumfolge zwischen Festsaal und Kapelle.
Abb. 31. Schloss Sünching zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Michael Wening
Die Freiherren von Hoenning O’Carroll.
Der letzte männliche Seinsheim, Carl Joseph Maria Erkinger, starb 1910 in Sünching. Gräfin Gabrielle von Seinsheim, einzige Tochter aus dessen Ehe mit Sophie geb. Gräfin Erdödy, vermählte sich 1893 mit Johann Freiherr von Hoenig O’Carroll.
Mit der letzten Gräfin von Seinsheim fiel Sünching an die Freiherren von Hoenning OCarroll, direkte Vorfahre des heutige Schlossherrn. Sie übernahmen 1988 die Aufgabe, das ererbte Meisterwerk des Rokoko in Form einer Publikation vorzustellen.(54)
Abbildungsnachweis
Barth, Thomas, Wir sind unnütze Knechte. Die Familie Westerholt in Regensburg und ihr Beitrag zur bayerischen Kulturgeschichte, Regensburg, 2008: 21
Bayerisches Landesvermessungsamt München (Hrsg.), Schlösser, Kirchen und Ortschaften in Ober- und Niederbayern. Gezeichnet und gestochen von Michael Wening, München, 1984: 13, 31
Huber, Alfons/Prammer, Johannes, Straubing in alten Ansichten, Zaltbommel, 1983: Deckblatt (unten), 16
Mößmer, Anton, Franz Sebastian Meidinger. Bilanz zwischen Landshut und Straubingen seit der dahin verlegten Regierung und dem großen Brande allda 1782, Straubing, 1998: 9, 15
Privatbesitz: 1, 2, 3, 5, 7, 8, 10, 11, 14, 18, 19, 20, 29, 30
Schmidt, Isolde, Ein vergessenes Stück Straubing? Der Straubinger Petersfriedhof und seine Grabdenkmäler, Straubing,1991: 22, 23, 24, 25, 27
Stadtarchiv Straubing: 17
Zettler, D., Alt-Münchner Bilderbuch. Ansichten aus dem Alten München aus der MonacensiaSammlung Zettler, München, 1918: 4, 12
Gert Th. Mader: 6, 26